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Jeden Monat wird ein neues HSP-Gen gefunden

BeitragVerfasst: So 21. Jul 2013, 12:36
von Rudi
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Hallo zusammen,

die spanische HSP-Selbsthilfegruppe hat kürzlich ihr jährliches Treffen abgehalten. Es gab, wie bereits in den letzten Jahren, viele Fachvorträge. Diese Vorträge sind als Youtube-files ins Internet gestellt. Natürlich sind die Vorträge auf Spanisch, so dass ich sie nicht verstehen kann.
Es gibt eine Ausnahme. Prof. Dr. Züchner aus Miami spricht in Englisch. Jeder Satz von ihm wird übersetzt. Natürlich ins Spanische. Sein Vortrag ist so interessant, dass ich hier die Kernaussagen zusammenfasse. Vorab aber ein paar Infos zu Dr. Züchner.

Herr Prof. Dr. Stephan Züchner ist gebürtiger Deutscher. Er ist Neurologe und Molekularbiologe. Seit einigen Jahren arbeitet er sehr erfolgreich am "John P. Hussman Institute for Human Genomics" in Miami. Viele werden es wissen, dass Frau Dr. Schüle nun für zwei Jahre an dieses Institut wechselt, an dem sie bereits einmal einige Monate tätig war. Sie wird erneut mit Prof. Züchner am Thema HSP zusammenarbeiten.

In seinem Vortrag in Madrid zeigt Herr Prof. Züchner u.a. auf,
  • dass er erwartet, dass es 200 unterschiedliche Gene gibt, die unsere HSP auslösen können (Hinweis: Man kennt aktuell den genauen Ort von 39 HSP-Genen)
  • dass in den letzten Monaten in jedem Monat in seinem Labor ein neues HSP-Gen gefunden wurde.
  • dass es viele genetisch bedingte Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen wie bei der HSP gibt und dass man nun in die Lage versetzt werde, von diesen Krankheiten für die HSP zu lernen (das gilt auch umgekehrt)
  • dass man festgestellt habe, dass es bekannte HSP-Gene gibt, die im Mutationsfall auch eine ganz andere Erkrankung auslösen können (er nannte als Beispiel das SPG3, Atlastin; das kann auch Morbus Charcot-Marie-Tooth auslösen).

Er stellte auch dar, wie das Finden neuer HSP-Gene funktioniert und zeigte,
  • dass dafür alle unsere Gene (etwa 20.000 Stück) untersucht werden müssen (Hinweis: diese 20.000 Gene bestehen aus etwa drei Milliarden Bausteinen. Jeder Baustein muss untersucht werden. Jeder Fehler an einem dieser Bausteine ist eine Mutation. Zum Glück erzeugt nicht jeder Fehler eine Krankheit. Die Summe der vielen Änderungen erzeugt unsere Individualität; sonst sähen wir alle gleich aus)
  • dass man also auch bei einem Gesunden in diesen Genen etwa 9.000 Mutationen findet. Diese Menge muss mit technischen, computergestützten Verfahren auf etwa 10 bis 20 Mutationen verringert werden, die eine HSP auslösen könnten
  • dass sich durch den Vergleich dieser Daten innerhalb von erkrankten und gesunden Mitgliedern einer Familie aus diesen 10 bis 20 Mutationen dann die eine HSP-Mutation herausfiltern lässt.

Herr Prof. Züchner weist darauf hin, wie wichtig bei der Bestimmung neuer HSP-Gene die internationale Zusammenarbeit ist. Er benennt eine Beispiel in dem er aufzeigt, dass eine australische Forschergruppe ihn angesprochen hatte, weil sie glaubte, ein neues HSP-Gen gefunden zu haben. Mit Züchners Daten konnte dann tatsächlich ein neues HSP-Gen gefunden werden, weil es am gleichen Gen Abweichungen in den Proben einer brasilianischen Familie sowie einer deutschen und einer englischen Familie gab.

Es zeigt sich, wie effektiv heute bei der Suche nach neuen HSP-Genen gearbeitet wird. Eine wesentliche Erleichterung für diese Arbeiten ist es immer, dass in solchen Fällen Blutproben von mehreren betroffenen und gesunden Familienangehörigen zur Verfügung stehen. Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass in den nächsten Monaten noch viele neue HSP-Gene gefunden werden.

Einige HSP'ler, deren mutiertes Gen bereits bekannt und auch nachgewiesen ist, stellen nun vielleicht fest, dass es doch nichts bringe, immer neue Gene zu finden. Man solle doch endlich mal Medikamente für die bekannten HSP-Gene entwickeln. Das klingt ja im ersten Moment auch richtig. Ist es aber leider nicht. Jedes Gen, das gefunden wird und jedes Protein, das durch diese Gene gebildet wird, liefert neue Hinweise zu den gestörten Funktionen in unseren Nervenzellen. Unsere Forscher erarbeiten sich auf diese Weise die Grundlagen, mit denen sie uns helfen können, mit denen sie Therapien für uns entwickeln können. Ich glaube, es ist sogar richtig zu sagen, ...die Grundlagen, mit denen sie uns helfen werden.

Hat es in den 1990ern noch Jahre gedauert, bis ein HSP-Gen gefunden wurde, so findet man heute eins in jedem Monat. Allein dieser Vergleich zeigt, wie intensiv sich die HSP-Forschung gewandelt hat. Es passiert wirklich sehr viel bei der HSP. Seht bitte -als gutes Beispiel- wie sich die diagnostischen Möglichkeiten erweitert haben. Beachtet, dass sich die schnellen Diagnosen mit dem Hochdurchsatzsequenzierer nun jeden Monat erweitern werden. Wir HSP-Patienten haben dafür vor fünf Jahren mit der finanziellen Unterstützung dieses Forschungsprojekts den Grundstein gelegt. Und seht bitte auch, dass es aktuell Studien für Medikamente gibt, die uns helfen könnten. Auch hier sind erneut wir HSP-Patienten aktiv. Helft mit!
Unterstützt unser aktuelles Projekt! Ihr helft so, dass die HSP besiegbar wird. Der Satz "Bei der HSP passiert nichts.....", der gilt nicht mehr. Es ist bei den neuen Diagnosemöglichkeiten schön zu sehen, was durch uns Patienten erreicht wurde. Bei uns wächst viel. HSP-Patienten sind selbst aktiv. Sei du auch mit dabei. Mach mit!

Herzliche Grüße
Rudi