
Habe nach einer gefühlten Ewigkeit nun die Diagnose HSP erhalten. Einerseits bin ich darüber sehr froh, aber andererseits auch nicht.
Mein gesamtes Leben, von meiner Geburt an, habe ich mit der Diagnose "Infantile Zerebralparese" gelebt und das waren immerhin 38 Jahre. Bis ich etwa 30 Jahre alt war, veränderte sich die Spastik auch nicht. Als Kind und Jugendlicher konnte ich trotzdem alles machen, ich konnte laufen (recht stark schaukelnd und auch mit Scherengang), ein normales Rad fahren, etc. Das Laufen wurde zwar während meines Studiums etwas schwieriger (~ Mitte 20), aber das schob ich auf den Mangel an Bewegung durch's viele Sitzen in Vorlesungen und beim Lernen. Irgendwann war es dann soweit, dass ich mich nur noch zuhause oder in Häusern ganz allgemein laufend bewegte und sonst im Rollstuhl war. Zur selben Zeit begann ich auch, ziemlich stark Lymphödeme in beiden Beinen und Füßen zu bekommen - links stärker als rechts.
Meine Spastik war schon immer sehr viel stärker, wenn ich gestresst oder unter Druck bin. Mit Mitte 30 brach dann mein Wadenbein abrupt, ohne dass ich mich bewegte. Ich musste operiert werden und bekam eine Metallplatte mit Schrauben eingesetzt. Ein Jahr später wurde das Metall entfernt, ich bekam eine sehr starke Wundrose. Wochenlange Antibiotika-Behandlung war notwendig. Die Wundheilung setzte komplett aus. Nach etwa 9 Monaten war die Wunde zum ersten Mal geschlossen, aber selbst nach fast 3 Jahren ist sie nicht verheilt. Während die Wunde offen war, konnte ich nicht wirklich auf die Beine kommen. Jedliches Auftreten und Abrollen belastete diese Stelle. Ich hatte zwar, wie schon mein gesamtes Leben, mehrmals wöchentlich Physiotherapie, aber das konnte die Entwicklung nicht aufhalten. Nach den 9 Monaten konnte ich mit dem linken Fuß nur noch mit dem Vorderfuß auftreten. Eine Reha hat mir etwas geholfen, aber richtig auf die Beine kam ich auch da nicht. Meine Beine, besonders das Linke, sind sehr steif und unbeweglich geworden.
2012 bin ich mehrere Male mit Botox an beiden Beinen behandelt worden (Maximal-Dosis). Leider zeigte sich nur eine minimale Wirkung und die hielt auch nur etwa 5 Tage an. Seit letztem Jahr nehme ich auch Baclofen, aber das Mittel zeigt auch nur wenig Wirkung.
Seit letzten Sommer ist bei mir soviel hinzugekommen, dass ich echt hilflos bin:
- jede paar Wochen extrem starke Bauchschmerzen (laut Gastroenterologe aber keine Auffälligkeiten),
- starke Blasenproblematik (passt zur HSP),
- extrem starke Verstopfung (passt meines Erachtens nicht zur HSP),
- extrem starker Vitamin D Mangel,
- sehr starker Eisenmangel (ich darf aber laut Gastroenterologen keine Eisentabletten wegen meiner Verstopfung nehmen),
- Restless Legs,
- extrem starke Verspannungen im Schulter- und Nackenbereich,
- Karpaltunnelsyndrom in beiden Händen (mit Tests bewiesen - wenn ich mehr als ein paar Zeilen Text schreibe, verkrampft sich meine Hand bereits, früher konnte ich seitenlange Texte nonstop schreiben),
- versteifter Rücken und Bauch (ich kann mich im Bett nicht mehr drehen, das war früher auch nicht der Fall),
- extrem versteifter Beckenboden (und die Adduktoren)
- Gallensteine (eine ganze Reihe verschiedener Größe, vor etwa 2 Jahren hatte ich noch nicht einen Einzigen).
Ich habe bestimmt einige Symptome vergessen. Ich bin mein Leben lang immer von der Diagnose ICP ausgegangen. Vor kurzem wurde ich dann auf Segawa aufmerksam gemacht und eigentlich passen alle meine Symptome, die ich in meiner Kindheit und Jugend hatte, zum Segawa (Dopa Responsive Dystonie). Eine Testdosis Dopamin (Levodopa) wurde mir niemals verabreicht, um zu prüfen, ob es wirklich ICP oder nicht vielleicht Segawa ist. Aufgrund meiner vielen Symptome hatte ich im letzten halben Jahr versucht, einen Arzt zu finden, der diese Testdosis verabreicht. Hausarzt schickte mich zum Neurologen, der schickte mich zu meinem zweiten behandelnden Neurologen und der mich erstmal zur Humangenetik. Die Diagnose "HSP" ist höchstwahrscheinlich. Meine Frage wäre, ob es möglich ist, dass man Segawa und HSP gleichzeitig haben kann oder ob man erst Segawa haben kann und HSP schleichend nach der Volljährigkeit hinzukommen kann. Falls ja, macht es trotzdem Sinn, einen Neurologen, der sich mit Bewegungsstörungen und Parkinson auskennt, um die Gabe einer Testdosis zu bitten? Der Dopamin-Spiegel in meinem Blut ist wohl auch recht niedrig und Restless Legs habe ich ohnehin.
Ohh man, jetzt ist mein Beitrag doch ziemlich lange geworden. Eigentlich wollte ich mich möglichst kurz halten.