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Dronabinol/ Sativex

BeitragVerfasst: So 17. Jun 2012, 18:41
von Gabi
Cannabisprodukte: Dronabinol/ Sativex®

In letzter Zeit hört man viel über Cannabisprodukte als Arzneimittel.
Viele unterschiedliche Einsatzgebiete werden diskutiert:
Chronische Schmerzen, Spastik , Appetitmangel, Übelkeit, Depressivität, Tourette-Syndrom (Tic-artige Zuckungen, vor allem im Gesicht-, Hals- und Schulterbereich).
Die Darstellungen basieren jedoch nicht immer auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und medizinischen Erfahrungen. Bei vielen Patienten stellen sich die erwünschten Wirkungen nicht oder nur teilweise ein. Andererseits können sie jedoch sehr gut selbst bei schwersten Erkrankungen wirksam sein, obwohl sonstige Behandlungsverfahren nicht wirksam waren.

Die Anwendung von Cannabisprodukten als Arzneimittel ist in Deutschland gesetzlich durch das Betäubungsmittelgesetz geregelt.

Sativex® ist momentan das einzige in Deutschland zugelassene Fertigarzneimittel . Das Arzneimittel ist nur für Multiple-Sklerose-Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Spastik indiziert, die mangelhaft auf andere Anti-Spastik-Medikamente angesprochen haben. Die Krankenkassen erstatten die Behandlungskosten bei dieser Indikation.

Als weitere Cannabinoide sind in Deutschland das teilsynthetisch hergestellte THC Dronabinol und sein synthetisches Analogon Nabilon als Rezeptursubstanzen verfügbar.
Beide Substanzen sind in der Anlage 3 zum Betäubungsmittelgesetz (BtMG) gelistet, sind also verkehrs- und verschreibungsfähig.

In Deutschland können Ärzte Dronabinol als Rezeptursubstanz im Rahmen eines individuellen Heilversuchs auf einem Betäubungsmittelrezept verordnen.
Da Dronabinol jedoch arzneimittelrechtlich in Deutschland nicht als Fertigarzneimittel zugelassen ist, sind die Krankenkassen zur Kostenübernahme nicht verpflichtet.
Die Therapie kostet bei einer angenommenen Tagesdosis von 10 mg Dronabinol ca. 240,- € im Monat, bei höheren Dosierungen entsprechend mehr.

Gleiches gilt für die Verordnungsfähigkeit der entsprechenden Importarzneimittel aus Amerika (Marinol®) oder Großbritannien. Auch diese dürfen im Rahmen eines individuellen Heilversuchs auf einem Betäubungsmittelrezept verordnet werden. Die Kosten müssen von den Krankenkassen nicht übernommen werden, da es sich auch hier nicht um ein in Deutschland zugelassenes Arzneimittel handelt.


Worin liegt der Unterschied zwischen der Rezeptursubstanz Dronabinol und dem Fertigarzneimittel Sativex®?

Dronabinol wird entweder als ölige Tropfen oder Kapseln rezepturmäßig verarbeitet und enthält als Wirkstoff ausschließlich THC (Tertahydrocannabinol).
Das Fertigarzneimittel Sativex® enthält THC und CBD (Cannabidiol) im Verhältnis 1:1.

Das THC wirkt als Agonist an Rezeptoren des menschlichen Endocannabinoid-Systems und ahmt die Wirkung von körpereigenen, cannabisähnlichen Substanzen nach.
Im Experiment zeigten derartige Agonisten eine Linderung der Steifigkeit der Gliedmaßen und eine Verbesserung der Motorik. Daneben hat THC weitere Wirkungen; es wirkt antiemetisch (gg. Übelkeit), appetitstimulierend, schmerzhemmend, entzündungshemmend, sedierend, aber auch psychotrop( erzeugt Euphorie, Halluzinationen, Paranoia, abnormes Denken).

Im Gegensatz dazu bindet das CBD nicht an die oben genannten Rezeptoren, sondern blockiert die Rezeptoraktivität über einen ungeklärten Mechanismus.
Vermutlich wirkt das CBD dem THC-Effekt entgegen, schwächt damit dessen Wirkung und sorgt gleichzeitig für eine längere Wirkdauer des Gesamteffekts auf die körperlichen Prozesse.
Der CBD-Zusatz schwächt damit die psychoaktiven Effekte und verlagert das Wirkprofil in Richtung der gewünschten körperbetonten Indikation.




Macht THC süchtig?

Abhängigkeit ist bei therapeutischer Dosierung kein reales Problem.
Erforderlich ist eine feste Dosierung mit festgelegtem Zeitplan nach ärztlicher Verordnung.
Soll die Therapie abgesetzt werden, wird die Dosis langsam reduziert, etwa um 10% alle 2 Tage.
Bei zu schnellem Absetzen können z.B. Unruhe, Schlaflosigkeit, Speichelfluss, Durchfall und Augendruckerhöhung auftreten.


Welche Nebenwirkungen sind zu erwarten]?

Sehr häufig (>10%):
- Schwindelanfälle
- Müdigkeit

Häufig (>1% und < 10%):
- erhöhter Appetit; Anorexie
- Depression, Desorientierung, euphorische Stimmung
- Gedächtnisverlust, Gleichgewichtsstörungen, Aufmerksamkeitsstörungen, Lethargie, Schläfrigkeit
- Verschwommenes Sehen
- Durchfälle, Mundtrockenheit, Übelkeit, Erbrechen
- Trunkenheitsgefühl
- Sturz

Gelegentlich (>0,1% und < 1%):
- Sinnestäuschungen
- Suizidgedanken
- Hypertonie
- Zahnverfärbungen

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Eigene Anmerkung:
In den USA wird Dronabinol zur Appetitanregung von AIDS-Erkrankten im finalen Stadium eingesetzt.
Die appetitsteigernde Wirkung hält 24 Stunden, die antispastische, schmerzlindernde Wirkung nur 4!!!
Wir sollten immer an die Diskrepanz zwischen zu hohem Körpergewicht und unserer geschwächten Beinmuskulatur denken. Übergewicht verschlechtert unsere Mobilität!!!