Dauerrezept für Ergotherapie bei SPG4

[Mona81]

Hallo zusammen,
mein Neurologe hat bisher sich verweigert Verordnungen für die Ergotherapie auszustellen. Dies hat dann glücklicher Weise der Hausartz gemacht. Sie tut mir auch richtig gut.
Nun habe ich der neurologischen Praxis das Thema Dauerrezept näher gebracht und auch erklärt. Die Mädels, haben sich belesen und mir wurde das Rezept für die Physiotherapie ausgestellt.
Der Neurologe hat nun ohne eine Begründung wieder verweigert ein Dauerrezept für die Ergotherapie auszustellen. Mir wurde dies leider nicht begründet.
Hängt das eventuell mit dem Diagnoseschlüssel EN1 zusammen? Ist bei der SPG4 die Hirnaktivität nicht mit betroffen.
Sorry, aber da ich die Diagnose sehr frisch erhalten habe, verstehe ich das Theater des Neurologen nicht. Da diese Verordnungen sein Budget gar nicht berühren, sofern korrekt ausgestellt.

Ich danke euch für eure Unterstützung.
Viele Grüße Mona

[Rudi]

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Hallo Mona,

danke für deine Frage. Die kommt leider immer wieder und ich erkläre das immer wieder aus Neue. Das mache ich jetzt hier im Forum auch noch einmal in Schriftform, so dass viele die Info nutzen können.

Lies bitte zunächst im Thema „Änderung bei der Verordnungsmenge zur Physiotherapie“ den Beitrag vom 1. Februar 2021 hier in unserem Forum. Da geht es ganz speziell um deine Frage. In der Heilmittelrichtlinie war die Verordnungsmenge für spezielle Krankheitsbilder wie z.B. unsere HSP so geändert worden, dass die ursprünglichen Grenzen keine Gültigkeit mehr haben. Im oben angesprochenen Beitrag ist die Heilmittelverordnung zum Download mit eingestellt.

Zusätzlich ist die „Diagnoseliste Seite 3“ mit unserem Krankheitsbild als Bild eingestellt. Dort erkennst du, dass sowohl die Physiotherapie wie auch die Ergotherapie angesprochen sind. Ganz wesentlich ist aber, dass der Arzt auf der Verordnung die richtigen Kennzeichen wählt. Ich verlinke dir hier ein solches Rezept, das für die Physiotherapie ausgestellt ist. Diese Verordnung nutzt mein Neurologe seit einigen Jahren ganz problemlos. Dein Arzt müsste nur die Diagnosegruppe von ZN in EN1/EN2 ändern. Alle anderen Kennziffern müssen übernommen werden, da es ansonsten Schwierigkeiten mit der Krankenkasse gibt.

Ich hoffe es sehr, dass du mit dieser Info zum Ziel gelangst.

Herzliche Grüß
Rudi

[Mona81]

Hallo Rudi,

danke für deine schnelle Antwort. Die Verordnung für die Physio habe ich bereits. Da war deine Erklärung, welche schon bereits im Forum zu finden ist, sehr hilfreich.
Ich glaube hier handelt sich um ein kleines Mißverstandniss.

Ich wollte wissen ob mein Neurologe aufgrund des notwendigen Diagnoseschlüssels EN1 mir kein Dauerrezept für die Ergo ausstellen kann?
Lt. der Diagnoseliste ab 01.01.25, kann nur noch der Diagnoseschlüssel EN1 (bezüglich der Nervenbahnen im Hirn)
hinterlegt werden.
Sind bei der SPG4 die Nervenbahnen im Hirn und im Rückenmark betroffen, oder nur im Rückenmark und ist deswegen ihier kein Dauerrezept für die Ergo möglich?
Ich habe mal im Anhang die aktuellen Heilmitteleichtlinien inkl. Diagnoseliste angehängt.

Leider ist mein Neurologe nicht so auskunftfreudig.

Vielen lieben Dank für deine Unterstützung.
Viele Grüße Mona

[Rudi]

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Hallo Mona,

zunächst zur HSP. Beim SPG4 werden unsere Symptome durch eine Mutation im Spast-Gen ausgelöst. Dieses Gen wird aktiviert in Nervenzellen im Gehirn. Seine Aktivierung bewirkt, dass das Protein Spastin hergestellt wird. Spastin wird nun zu den Nervenbahnen im Rückenmark "transportiert" und hat dort spezielle Aufgaben zu erfüllen. (Genau genommen ist es dafür zuständig, dass die Mikrotubuli in den Axonen funktionsfähig bleiben.) Diese Aufgabe erfüllen das Gen und damit das aus ihm hergestellte Eiweiß bei allen Menschen (und auch bei vielen Tieren). Da bei uns das SPG4-Gen mutiert ist, wird im Gehirn das Protein auch fehlerhaft hergestellt. Damit kann es die ihm zugedachte Aufgabe in den Nerven im Rückenmark (im so genannten Tractus Corticospinalis) nicht plangemäß erfüllen. Die Folge ist, dass unser Nerv im Rückenmark nicht mehr mit Nährstoffen versorgt wird. Das führt dazu, dass er abstirbt; die Mediziner nennen das "Degeneration".

Du siehst, dass bei uns für die Entwickleung der HSP-Symptome sowohl das Gehirn wie auch das Rückenmark involviert sind.

Das ist aber nicht wirklich wichtig für deine Frage. Die angesprochene Verordnung kennt den Unterschied zwischen den rund 200 HSP-Formen gar nicht. Das von mir angesprochene Bild im zitierten Beitrag sagt in der Spalte Diagnose unter der Überschrift "Paraparese und Paraplegie, Tetraparese und Tetraplegie" klar aus, dass die "Spastische Paraparese und Paraplegie" in dieser Verordnung erfasst sind. Zudem werden unter "Diagnosegruppe" sowohl die Physiotherapie wie auch die Ergotherapie angesprochen. Das Gesagte gilt also für beide Therapien gleichermaßen, so dass dein Arzt auf diesem Weg beides -ohne Mengenbegrenzung- verordnen darf.

Der ICD-10-Code den du links im Bild findest, sagt zu dieser Diagnose aus, dass das der Code "G82.1-" ist. In der Verodnung, die ich verlinkt hatte, steht es noch klarer. Dort heißt es "G82.13". Wesentlich ist also, dass die HSP angesprochen ist, und dass es keinen Unterschied zwischen den HSP-Formen und den Wirkungsorten gibt. Der Ort ist übrigens bei anderen HSP-Formen nicht der gleiche wie beim SPG4, aber dennoch erhalten auch diese Patienten die Verordungen nach dem gleichen Regelwerk und bekommen die notwendigen Behandlungsmengen ohne Probleme.

Im Übrigen sagt die von dir verlinkte Broschüre in der Seite 38 genau das gleiche. Daher gehe ich davon aus, dass das, so wie ich es beschrieben habe, auch richtig ist. Ich weiß wirklich nicht noch mehr dazu. Nimm doch einfach alles, inklusive dieser Nachricht, zu deinem nächsten Termin bei deinem Arzt mit.

Herzliche Grüße
Rudi

[Mona81]

Hallo Rudi,
vielen lieben Dank noch einmal. Ich hoffe ich bin dir nicht zu sehr auf den "Nerv" gegangen. Ich habe gerade festgestellt, dass mein Neurologe wieder das Rezept falsch ausgestellt hat. Es ist unglaublich, was das für eine Rennerei ist.
Hier bemerke ich wieder, das auch mein Neurologe sich mit dieser Art der Erkrankung nicht auskennt, also zumindest nicht mit dieser Art der Rezepte.

Ich bedanke mich nochmal sehr für deine ausführlichen und hilfreichen Antworten. Bin mal wieder ein Stück schlauer. Und werde mich jetzt auch an meine HSP-Sprechstunde wenden.

Liebe Grüße Mona