Seite 1 von 1

Spastin in der Alzheimer-Erkrankung

BeitragVerfasst: Mi 13. Nov 2013, 14:24
von Rudi
...........
Hallo zusammen,

bitte bekommt keinen Schreck, wenn ihr die Überschrift zu diesem Beitrag lest. Forscher haben herausgefunden, dass unser Spastin auch eine entscheidende Rolle bei Alzheimer zu spielen scheint. Ich sage deshalb, dass ihr keinen Schreck bekommen sollt, weil in diesem Zusammenhang nicht das mutierte Spastin gemeint ist, sondern das ganz gesunde Spastin ein Thema ist. Zudem ist es bei uns ja so, dass die Axone degenerieren. Bei der im Artikel angesprochenen Problematik degenerieren aber die Dentriten. Es wurde festgestellt, dass die gesunde Form des Spastins die Dendriten schädigen kann, wenn das Spastin falsch reguliert wird.

Kurz noch mal zum Verständnis: Die Axone sind die Fortsätze der Nervenzellen, die die Nervenimpulse an andere Körperteile weiterleiten. Die Axone bei den von der HSP betroffenen Nervenzellen liegen im Rückenmark. Sie sind mit etwa einem Meter Länge die längsten Axone des menschlichen Körpers. Die Dentriten sind die "Antennen", die die Information von anderen Zellen aufnehmen. Sie sind nur wenige Millimeter lang. Die Dendriten sind bei uns gesund!
Unten im Artikel werden auch die Mikrotubuli angesprochen. Das sind die "Straßen", über die die Versorgung der Zellen mit Nährstoffen funktioniert. Weil bei HSP'lern mit einer SPG4-Mutation das Spastin nicht richtig funktioniert, sind diese "Straßen" nicht funktionsfähig. Daher können die Nährstoffe ihr Ziel nicht erreichen. Die Zelle degeneriert; sie stirbt.

Die Arbeit der Forscher zeigt, wie komplex und wie vielschichtig die Arbeit in der medizinischen Forschung ist. Ich habe diese Nachricht nur eingestellt, weil es vorstellbar ist, dass sich durch die Arbeit der Alzheimer-Forschung neue Erkenntnisse zum Spastin ergeben könnten, die für unsere HSP hilfreich sein könnten.

Hier der
Link zum Abstract der Veröffentlichung der Arbeit.

Herzliche Grüße
Rudi
-------------------------------------------------




Bild


Forscher finden weiteres Puzzlestück der Alzheimer-Erkrankung

Ein deutsch-amerikanisches Forscherteam hat dem Ursachenbild der Alzheimer-Erkrankung einen weiteren Mosaikstein hinzugefügt. Demnach spielt ein Protein mit dem Namen „Spastin" eine bislang ungeahnte Rolle: Spastin kann die Versorgungsleitungen im Inneren von Nervenzellen kappen, infolgedessen sterben sie ab. Daher könnten Wirkstoffe, die dieses Protein gezielt eindämmen, den Krankheitsverlauf möglicherweise günstig beeinflussen. An den Untersuchungen waren Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), Standort Bonn, des Forschungszentrums caesar sowie des Max-Planck-Instituts für neurologische Forschung, Außenstelle Hamburg, federführend beteiligt. Die Studie ist im EMBO Journal erschienen.

Verblassende Erinnerungen bis hin zur völligen Orientierungslosigkeit und Demenz sind die Folgen von Alzheimer. Im Gehirn kommt es dabei zum massiven Absterben von Nervenzellen. Die Ursachen dafür sind bislang nur teilweise verstanden. Die Krankheit gilt als „multifaktoriell". Nun haben Forscher aus Bonn, Hamburg und den USA einen weiteren Akteur mit dem Namen „Spastin" identifiziert. Im Kreise der neurodegenerativen Erkrankung ist dieses Molekül kein Unbekannter. Krankhafte Veränderungen dieses Proteins gelten als Hauptursache erblich bedingter spastischer Paraplegie. „Das mutierte Spastin hat schädliche Effekte auf die Zellen des Rückenmarks. Das führt zur Lähmung der Beine. Wir haben nun festgestellt, dass Spastin, in diesem Fall seine gesunde Form, Hirnzellen schädigen kann, wenn es falsch reguliert wird. Das hat uns überrascht, denn von der Alzheimer-Forschung wurde Spastin bislang nur wenig beachtet", sagt die Neurowissenschaftlerin Eva-Maria Mandelkow, die gemeinsam mit ihrem Mann Eckhard Mandelkow die Ursachen von Alzheimer erforscht. Das Ehepaar betreibt Labors in Bonn und Hamburg.

Das Team der Mandelkows – mit Erstautor Hans Zempel, Doktorand am Bonner DZNE – stellte bei Experimenten mit Zellkulturen fest, dass Spastin die Versorgungsleitungen innerhalb der Dendriten beschädigen kann. Dendriten sind feine Verästelungen des Zellkörpers über die eine Nervenzelle von anderen Zellen Reize aufnimmt. Doch die Kontaktstellen verkümmern, wenn für den Stoffwechsel wichtige Substanzen auf der Strecke bleiben. Werden die Versorgungsleitungen – die sogenannten Mikrotubuli – unterbrochen, dann gehen die Dendriten und letztlich auch die Nervenzellen zu Grunde. Diese Reaktion konnten die Forscher auch bei ihren Laborversuchen beobachteten.

Fatale Verkettung
Bei Alzheimer geht die Anzahl der Mikrotubuli in den Nervenzellen bekanntermaßen zurück. Davon betroffen ist neben den filigranen Dendriten auch das Axon, ein langer Fortsatz, über den die Nervenzelle Signale weiterleitet. „Die Ursachen für den Rückgang der Mikrotubuli scheinen bei Dendriten und Axonen nicht unbedingt dieselben zu sein", gibt Eva-Maria Mandelkow zu bedenken. „Unsere Untersuchungen verschaffen uns nun ein genaueres Bild davon, warum die Mikrotubuli in den Dendriten verschwinden. Wir konnten zeigen, dass die Wirkung von Spastin Teil einer Reaktionskaskade ist, an der unter anderem die Proteine A-Beta und Tau beteiligt sind."

A-Beta und Tau werden schon lange mit der Alzheimer-Erkrankung in Verbindung gebracht. Diese Proteine sind für gewöhnlich Einzelgänger, lagern sich bei Alzheimer jedoch zu Klumpen von Proteinen zusammen, die als „Plaques" und „Tangles" typische Merkmale im Gehirn von Alzheimer-Patienten sind.

Die Wissenschaftler behandelten Nervenzellen mit Aggregaten des Proteins A-Beta, was eine Folge von Ereignissen auslöste. Insbesondere verloren die Zellen nun die Kontrolle über die richtige Verteilung der Tau-Proteine, die sich dann in den Dendriten ansammelten. Dies führte dort zu einer chemischen Veränderung der Mikrotubuli. „Dadurch wurden die Mikrotubuli anfälliger für Spastin. Das Protein wirkt wie eine molekulare Schere, die die Mikrotubuli in Stücke schneidet", so die Neurowissenschaftlerin.

Im gesunden Organismus wird diese Funktion streng reguliert. Sie ist aber an sich nichts Besonderes, denn die Mikrotubili werden immer wieder abgebaut und durch neue ersetzt. Doch bei Alzheimer ist der Abbauprozess außer Kontrolle geraten. „Die natürliche Wirkung von Spastin verstärkt sich. Infolgedessen werden die Mikrotubuli regelrecht zerlegt", sagt Eva-Maria Mandelkow.

Therapeutisches Potential
In einem Kommentar im EMBO Journal mutmaßen die US-Forscher Daphney Jean und Peter Baas, die an der aktuellen Studie nicht beteiligt waren, dass einige der experimentellen Wirkstoffe gegen Alzheimer den negativen Effekt des Spastins noch fördern könnten. Derzeit werden Substanzen getestet, die den Zusammenhalt der Mikrotubuli zwar verbessern, die Scherenwirkung von Spastin aber nicht verhindern. Eher im Gegenteil, meinen sie. Grund dafür ist der Aufbau der langgestreckten Mikrotubuli, die natürlicherweise aus stabilen und vergleichsweise labilen Abschnitten bestehen. Durch stabilisierende Wirkstoffe schrumpfen die labilen Bereiche, während die stabilen wachsen. Die so veränderten Mikrotubuli bieten dem Spastin eine größere Angriffsfläche. Denn das Protein schneidet bevorzugt dort, wo die Mikrotubuli stabil sind.

Ansatzpunkt für eine Therapie könnte es daher sein, die Wirkung von Spastin gezielt einzudämmen. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Substanzen, die Spastin blockieren, den Verlauf von Alzheimer möglicherweise günstig beeinflussen könnten. Aber hier muss man vorsichtig mit Prognosen sein", sagt Eva-Maria Mandelkow. „Alzheimer ist eine Erkrankung mit vielen Facetten und es genügt wohl kaum, nur an eine Stellschraube zu drehen. Fakt ist aber, dass wir einen Mosaikstein identifiziert haben, der uns hilft, das Krankheitsbild besser zu verstehen."



(idw) / Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
Quelle: http://www.hannover-zeitung.net/magazin ... rvenzellen

Re: Spastin in der Alzheimer-Erkrankung

BeitragVerfasst: Do 14. Nov 2013, 12:15
von Klaus86
Einmal mehr ein sehr interessanter Artikel. Danke Rudi!

Es gibt noch sooo viel was erforscht werden kann und irgendwie im Zusammenhang steht.

Super dass Rudi uns da immer wieder auf dem Laufenden hält. Man könnte tagelang nur Berichte lesen im Internet.

liebe Grüsse
Klaus