Hallo miteinander,
vor ein paar Wochen hatte ich euch über eine Anfrage zur HSP informiert, die im Landtag meines Bundeslandes Baden-Württemberg gestellt wurde (siehe hier). Dieser Antrag wurde u.a. vom Landtagsabgeordneten Herrn Jürgen Keck gestellt, in dessen Büro ich arbeite. Seine Anfrage und die Antwort der Landesregierung hatte er auch an Rudi Kleinsorge gesandt, der ihm dankenswerterweise eine ausführliche Antwort mit wichtigen Hinweisen und Kommentaren zukommen ließ. Herr Keck bat daraufhin um ein Gespräch, bei dem vier Themen im Vordergrund stehen sollten. Rudi kam dieser Bitte nach und das Gespräch fand als Telefonkonferenz mit den folgenden Schwerpunkten statt:
- Berufsunfähigkeitsversicherung
- Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen aG
- Blauer Parkausweis
- HSP in den Medien
Top 1: Berufsunfähigkeitsversicherung
Hier ging es zunächst darum, die bestehende rechtliche Situation darzustellen. Es wurde dargelegt, dass eine solche Versicherung möglich und sinnvoll ist. Voraussetzung dafür ist, dass die Versicherungsnehmer noch keine HSP-Symptome haben und dass auch die Arztberichte eine solche Symptomatik nicht beschreiben.
Wichtig ist es, dass allein ein genetischer Befund, der die HSP nachweist, kein Grund ist, mit dem ein Versicherungsgeber den Antrag auf eine Berufsunfähigkeitsversicherung ablehnen kann. Im §18 des Gendiagnostikgesetzes ist geregelt (siehe hier), dass der Versicherungsgeber eine Gendiagnose nicht verlangen darf und auch nicht bereits vorliegende gendiagnostische Befunde anfordern darf. Es gibt nur eine Ausnahme von dieser Regel. Sie tritt dann ein, wenn die Versicherungssumme sehr hoch gewählt werden soll. Auch das ist im oben verlinkten §18 des Gesetzes geregelt.
Es wurde sehr deutlich angesprochen, dass gerade in Familien mit bekannten HSP-Fällen eine Berufsunfähigkeitsversicherung für junge Familienmitglieder sehr früh abgeschlossen werden sollte. Sobald die HSP nämlich ihre typischen Krankheitszeichen erkennbar macht und die auch bei euren Ärzten bekannt sind, ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung nicht mehr abschließbar.
Natürlich können wir nicht nur wegen der HSP berufsunfähig werden. Auch für jeden unter uns kann es sinnvoll sein, eine entsprechende Versicherung abzuschließen, bei der dann natürlich die HSP als Auslöser der Berufsunfähigkeit ausgeschlossen wird. Die Kosten der Versicherung erhöhen sich in solchen Fällen nicht.
Herr Keck erhielt den Hinweis, im politischen Bereich die Möglichkeit eines anderen Weges zu erkunden. Ähnlich wie vor einigen Jahren im Bereich der privaten Pflegeversicherung, möge er es in den entsprechenden Gremien einmal ansprechen, ob eine Ergänzung der Versicherung ‒ähnlich dem so genannten Pfleg-Bahr‒ möglich gemacht werden kann (siehe hier). Dabei handelt es sich um eine Versicherung, bei der der Gesundheitszustand des Versicherten keine Rolle spielen darf. Es gibt das bisher nur bei der Pflegeversicherung.
Herr Keck nahm den Hinweis auf und wird ihn in seinen Gesprächen zur Berufsunfähigkeitsversicherung im Auge behalten.
Top 2: Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen aG
Es wurde dargelegt, dass sich die Bedingungen unter denen das Merkzeichen aG erteilt wird, in den letzten Jahren dramatisch stark zum Nachteil der HSP-Betroffenen verschlechtert haben. Dazu gibt es übrigens auch einige Petitionen im Petitionsausschuss des Landtags. Lothar Riehl verwies in diesem Zusammenhang auf eine Seite, die vom Regierungspräsidium Gießen stammt, die sich mit der Zuerkennung des Merkzeichens aG befasst (siehe hier). Es ist erkennbar, dass sich die Merkzeichenvergabe von den medizinischen Belangen hin zu juristischen Belangen verlagert hat.
Auf diese Situation wird Herr Keck in sozialpolitischen Gesprächen, insbesondere zwischen Landes- und Bundespolitikern, verstärkt eingehen.
Top 3: Blauer Parkausweis
Die Zuerkennung des blauen Parkausweises ist für viele unter uns eine absolute Notwendigkeit. Sie ist jedoch bereits vor vielen Jahren an die Ausstellung des Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen aG gekoppelt. Leider wurde diese Koppelung in den letzten Jahren nicht verändert, obwohl sich ‒so wie bei Top 2 beschrieben‒ die Regelungen für das Merkzeichen aG sehr stark verändert haben. Es wurde mit unterschiedlichen Beispielen aus den täglichen Leben dargelegt, wie wichtig der blaue Parkausweis für viele HSP-Betroffene ist.
Herr Keck stellte dar, dass es gelingen müsse, die Koppelung des blauen Parkausweises an das Merkzeichen aG zu lösen. Er wird auch diesen Ansatz in seine politische Arbeit aufnehmen und wird Gespräche mit dem Ziel führen, hier eine Lösung zu finden, die Menschen mit starken Bewegungseinschränkungen entgegenkommt.
Top 4: HSP in den Medien
Rudi stellte es dar, dass unsere HSP als seltene Erkrankung viel zu wenig Raum in den Medien findet. Zeitungen und Fernsehsender haben wenig Interesse daran, der HSP Raum zu geben. Er zeigte es auf, dass viele Erkrankte, die mit den uns bekannten Einschränkungen leben, häufig keine Ärzte finden, die sich mit der seltenen HSP auskennen, oder sie überhaupt kennen. Zeiträume von vielen Jahren bis zu einer Diagnose sind laut Rudi leider immer noch an der Tagesordnung.
Um diese Situation für Patienten zu verbessern, sind Beiträge im Fernsehen und in den Zeitungen das beste Mittel. Über diese Wege können erkrankte Personen erreicht werden und sie können so wertvolle Hinweise erhalten, wie sie den Umgang mit ihrer bislang nicht diagnostizierbaren Erkrankung verändern und ganz gezielt kompetente Ärzte aufsuchen, die sich mit Bewegungsstörungen wie unserer HSP befassen. Rudi bat Herrn Keck um Unterstützung in der Kontaktsuche zu den Medien.
Herr Keck zeigte volles Verständnis für die Bitte und sicherte seine Unterstützung im Bereich der Medien zu.
Abschließend hoben alle Beteiligten es hervor, dass das Gespräch die wesentlichen Schwerpunkte in den Vordergrund stellen konnte. Man hoffe es sehr, dass sich aus den neu gewonnenen Erkenntnissen positive Veränderungen im Leben von uns HSP-Betroffenen ergeben werden.
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Ihr seht es, dass wir in unserer Konferenz einige wichtige Punkte angesprochen haben. Natürlich bedeutet das nicht, dass wir nun ganz schnell eine gute Lösung für uns erhalten werden. Ich bin aber davon überzeugt, dass jeder Versuch mit dem wir unsere Situation verbessern können, ein richtiger und wichtiger Versuch ist. Meinem Chef, Herrn Keck und natürlich Rudi und Lothar bin ich sehr dankbar dafür, dass sie sich die Zeit für dieses Thema genommen haben. Alle haben sich nämlich bereits einige Tage zuvor die Mühe gemacht, das Gespräch intensiv vorzubereiten. Sonst wäre ein solch intensiver Gedankenaustausch nicht möglich geworden!

Habt eine gesunde und schöne Sommerzeit!
Carina