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Abschlussbericht zum Projekt PreSPG4

BeitragVerfasst: Di 7. Jun 2022, 10:57
von Rudi
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Hallo zusammen,

in unserem letzten Beitrag zum Projekt „PreSPG4 – wie entwickelt sich die SPG4 bevor Symptome auftreten?“ hatten wir es schon angesprochen, dass wir den Abschlussbericht der Universitätsklinik zu Tübingen in Kürze erhalten werden. Heute hat uns Herr Prof. Dr. Schöls das entsprechende Papier zugesandt. Er geht zunächst noch einmal auf die Ziele der Studie ein und hält fest:


Die PreSPG4-Studie verfolgt das Ziel, messbare Zeichen einer beginnenden SPG4-Erkrankung zu identifizieren, bevor der Betroffene selber etwas von der Erkrankung spürt. Solche Frühzeichen würden es erlauben, Effekte von Therapien schon vor Ausbruch der klinischen Erkrankung messen zu können. Dies ist eine Voraussetzung dafür, dass auf lange Sicht Therapien etabliert werden können, die den Ausbruch der Erkrankung verhindern.

Ausführlich und sehr gut verständlich beschreibt Herr Prof. Dr. Schöls anschließend die erreichten Ergebnisse und die aufwendigen Arbeiten, die zur Zielerreichung notwendig waren. Dazu heißt es im Text:

Die deutlichste Auffälligkeit zeigte sich bei der Bestimmung von Neurofilament Leichtketten (Neurofilament light chain, NfL), einem Eiweiß (Protein), das durch den Untergang von Nervenfasern freigesetzt wird. Dieses war bei Anlageträgern im Nervenwasser (Liquor) schon ca. 20 Jahre vor dem errechneten Erkrankungsbeginn erhöht. Damit ist NfL ein Biomarker, der schon sehr früh den Erkrankungsprozess anzeigt, bevor die Degeneration der motorischen Bahnen im Rückenmark so weit fortgeschritten ist, dass die Kompensationsmöglichkeiten aufgebraucht sind und eine spastische Gangstörung entsteht. NfL ist damit ein erster möglicher Marker für die Messung von Therapieeffekten bei prä-symptomatischen SPG4-Anlageträgern.

Jedem Teilnehmer an der Studie und jedem unter euch, der die Studie durch seine Spenden erst möglich gemacht hat, ist ein großes Dankeschön ausgesprochen worden.

Wir sind sehr froh, dass die Interessengemeinschaft "Ge(h)n mit HSP" zahlreiche HSP-Familien zum Mitwirken in der Studie motivieren konnte, und dass der Förderverein für HSP-Forschung diese Studie mit vielen Spendengeldern unterstützt hat. Ohne den Förderverein wäre diese Studie nicht durchführbar gewesen. Hierfür sind wir sehr dankbar.

Ihr könnt den Abschlussbericht von Herrn Prof. Dr. Schöls in der Projektseite zur Studie lesen. Per Klick gelangt ihr zur Seite
Förderprojekt „PreSPG4″.

Sehr wichtig ist es, wenn alle Teilnehmer auch weiterhin bereit sind, die Studie gemeinsam fortzuführen, um die Aussagekraft der Ergebnisse noch weiter zu verbessern. Zusätzlich sind die HSP-Betroffenen jeder HSP-Familie dankbar, aus deren Kreis sich zukünftig weitere Personen bereit erklären, ebenfalls an diesem Forschungsprojekt mitzuwirken. Jede weitere aktiv teilnehmende Person sorgt dafür, dass das Leben jedes einzelnen HSP’lers langfristig verbessert werden wird. Bitte nehmt dazu mit Herrn Prof. Dr. Schöls oder mit Herrn Dr. Rattay Kontakt auf. (E-Mail: ludger.schoels@uni-tuebingen.de oder tim.rattay@uni-tuebingen.de alternativ Tel. 07071 / 29 82057 oder Tel. 07071 / 29 85247)

Auch der Förderverein für HSP-Forschung bedankt sich an dieser Stelle bei jedem Aktiven unter euch für die unermüdliche Unterstützung, mit der ihr dieses großartige Forschungsprojekt erst möglich gemacht habt.

Herzliche Grüße
Rudi und Lothar
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Re: Abschlussbericht zum Projekt PreSPG4

BeitragVerfasst: Mi 8. Jun 2022, 11:16
von Thorsten. M
Hallo Rudi !

Mich würde mal interessieren ob die Versuchsmäuse in den Laboren zur HSP auch diesen wert Neurofilament im Blut besitzen , Ich weiß das es ja keine Menschen sind aber einfach mal so aus neugier ?

Re: Abschlussbericht zum Projekt PreSPG4

BeitragVerfasst: Mi 8. Jun 2022, 11:53
von Rudi
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Hallo Thorsten,

danke für deine Frage.

Diese Neurofilamente, das sind im Prinzip Abfallprodukte, die bei der Degeneration unserer Nervenfasern, die durch die HSP verursacht wird, entstehen. Sie lassen sich im Nervenwasser, also im Liquor sehr eindeutig nachweisen. Im Blut, also im Serum, ist der Nachweis beim Menschen nicht so aussagekräftig. Herr Prof. Dr. Schöls ging in seinem Bericht auch darauf ein.

Auch im Tierversuch wurde gezeigt, dass die Neurofilamente nachweisbar sind und einen hohen diagnostischen Wert besitzen. Ich kopiere dir hier einen Auszug aus einer Seite des "Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE)". Dort heißt es:

Wissenschaftler des DZNE, des Hertie-Instituts für klinische Hirnforschung (HIH) und der Universität Tübingen haben im Blut und Hirnwasser Proteine identifiziert, die Schäden an Nervenzellen widerspiegeln. Die im Fachjournal „Neuron“ veröffentlichten Studienergebnisse legen nahe, dass die Konzentration dieser „leichten Neurofilamente“ über den Verlauf von neurodegenerativen Erkrankungen und die Wirkung einer Behandlung Auskunft geben kann. Ein solcher Biomarker wäre wichtig für die Therapie-Entwicklung.

„Unsere Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass sich über die Neurofilament-Konzentration der Krankheitsverlauf verfolgen lässt. Das ist demnach sowohl im Tiermodell als auch beim Menschen möglich“, sagt Mathias Jucker, Gruppenleiter am Tübinger DZNE-Standort und Direktor am Hertie-Institut.

Quelle: https://www.dzne.de/aktuelles/pressemitteilungen/presse/neuer-biomarker-fuer-nervenzellschaeden/


Du erkennst, dass deine Frage im obigen Text sehr eindeutig beantwortet ist. Du erkennst es aus dem Bericht von Herrn Prof. Dr. Schöls aber auch, dass sich die Ergebnisse aus dem Versuch mit Tieren nicht zu 100% auf den Menschen übertragen lassen. Deshalb habe ich oben auf die unterschiedliche Aussagekraft der Liquor-Werte und der Serum-Werte hingewiesen. Das ist auch der wesentliche Grund, weshalb solche Studien nicht eins zu eins vom Tier auf den Menschen und von einem Krankheitsbild auf das nächste übertragen werden können. Anders ausgedrückt, das ist der Grund, weshalb solche intensiven und lang andauernden Forschungen für unsere HSP erforderlich sind.

Beachte bitte auch den letzten Absatz der oben angesprochen Arbeit. Dort wird unter der Überschrift "Hilfsmittel für die Therapie-Entwicklung" angesprochen, welche großen Chancen sich aus diesen Messwerten ergeben könne. Im Abschlussbericht zu unserem HSP-Projekt schreibt Prof. Dr. Schöls in diesem Zusammenhang:

NfL ist damit ein erster möglicher Marker für die Messung von Therapieeffekten bei prä-symptomatischen SPG4-Anlageträgern. Allerdings sind noch weitere Untersuchungen erforderlich, um zu klären, wie sich der Marker bis zum Ausbruch der Erkrankung entwickelt und wie er sich dann im Verlauf der SPG4 verhält.

Herzliche Grüße
Rudi